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  • Karl Schmidt-Rottluff: ›Haus und Bäume‹, 1912

  • ›Haus und Bäume‹ zeigt ein Motiv aus Dangast, dem Badeort an der friesischen Nordseeküste bei Varel, in dem sich Karl Schmidt-Rottluff zwischen 1909 und 1912 mehrfach aufhielt und einige seiner wichtigsten Werke ausführte. Das Gemälde entstand hier vermutlich im Spätsommer 1912. Im Jahr zuvor war Schmidt-Rottluff als letztes Mitglied der Künstlergruppe ›Die Brücke‹ nach Berlin übergesiedelt, wo er durch die Begegnung mit der Kunst der internationalen Avantgarde neue Impulse für seine Malerei empfing.

    Vor allem die Ausstellungen in Herwarth Waldens Galerie ›Der Sturm‹ förderten Schmidt-Rottluffs Experimente mit neuen künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Eröffnet wurde ›Der Sturm‹ im März 1912 mit der bereits in München und Köln gezeigten ersten Ausstellung der Künstlergruppe ›Der Blaue Reiter‹, in der unter anderem auch das Werk ›La Ville‹ von Robert Delaunay gezeigt wurde. Von April bis Mai des gleichen Jahres zeigte Walden eine Ausstellung mit Werken der italienischen Futuristen. Schmidt-Rottluff fühlte sich von den formalen und bildnerischen Lösungen der Werke der Künstler im Umkreis des ›Blauen Reiters‹, wie Franz Marc, Wassily Kandinsky und Robert Delaunay sowie der italienischen Futuristen Giacomo Balla, Umberto Boccioni und Carlo Carrà stark angezogen. Die Neuerungen in seiner Malerei stehen aber möglicherweise auch mit den Eindrücken der epochalen ›Sonderbund‹-Ausstellung in Köln von Ende Mai bis Ende September 1912 in Zusammenhang, wo unter anderen kubistische Werke von Georges Braque und Pablo Picasso zu sehen waren. Über die Auseinandersetzung mit den Kubisten wirkte schließlich auch die Malerei Paul Cézannes auf die Genese seines Malstils ein. Von zentraler Bedeutung sind hier insbesondere Cézannes späte Landschaften.

    Im Kontext der Sammlung des Museum Folkwang ergänzt das 2008 erworbene Werk den Bestand expressionistischer Malerei und veranschaulicht den engen künstlerischen Austausch, der in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts zwischen Frankreich und Deutschland stattfand. In Gegenüberstellung mit Werken Paul Cézannes, Robert Delaunays und Ferdinand Légers wird dieser Bezug besonders deutlich.

    Das Museum Folkwang besitzt heute fünf Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff, die seine künstlerische Entwicklung in ihren unterschiedlichen Etappen anschaulich machen. Die Frühzeit des Künstlers veranschaulicht ›Rote Blüten‹ (1906/07). ›Fischerkähne auf dem Haff‹ (1913) und ›Kurische Nehrung‹ (1914) stammen aus den ersten Jahren nach der Auflösung der Künstlergruppe ›Die Brücke‹ (1912). Die Bilder ›Das letzte Fuder‹ (1922) und ›Spiegelnde See‹ (1936) schließlich entstanden in den Jahrzehnten seiner öffentlichen Anerkennung, kurz bevor Schmidt-Rottluffs Karriere durch die Kulturpolitik der Nationalsozialisten zunichte gemacht wurde.

    Bis zum Verlust in Folge der Enteignungen »Entarteter Kunst« 1937 besaß das Museum Folkwang drei Werke aus den für Schmidt-Rottluffs künstlerische Entwicklung so wichtigen Jahren um 1912. Die Gemälde ›Landschaft mit Feldern‹ von 1911 (heute im Besitz der Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum, Duisburg), ›Boote im Haff‹ von 1913 (heute im Osthaus Museum, Hagen) und ›Frauen am Meer‹ von 1919 (Verbleib unbekannt) konnten nach 1945 nicht zurückerworben werden.
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  • Exh_Title_S: Karl Schmidt-Rottluff: ›Haus und Bäume‹, 1912
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  • Exh_Comment_S (Verantw): Malerei, Skulptur, Medienkunst
  • Exh_SpareNField01_N (Verantw ID): 187
Werke
Haus und Bäume
La Carrière de Bibémus
La Tour Eiffel
Les Maisons sous les arbres
Rote Blüten
Fischerkähne auf dem Haff
Kurische Nehrung
Das letzte Fuder
Spiegelnder See