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  • Japanische Lackarbeiten

  • Die Eleganz ostasiatischer Lackarbeiten lässt kaum erkennen, wie anpassungsfähig und haltbar der ihnen zugrunde liegende Werkstoff ist. Der Saft des in Ostasien beheimateten Lackbaums – Rhus vernicifera – wird aus Schnittwunden seiner Rinde gewonnen und in vielen Schritten gereinigt, entwässert und gefärbt. Schwarz und Rot dominieren in einer eingeschränkten Farbskala, da nur wenige natürliche Pigmente der zersetzenden Kraft des flüssigen Lacks standhalten. In hauchdünnen Schichten aufgetragen, benötigt der Lack bei hoher Luftfeuchtigkeit mehrere Tage, um zu trocknen. Einmal voll ausgehärtet, erweist er sich aber als höchst resistent gegen Wasser, Säuren und Laugen, gegen Alkohol und Lösungsmittel jeder Art.
    Eine ganz eigenständig und traditionell sehr verbreitete japanische Lacktechnik ist das Streubild – maki-e. Literarisch schon seit dem 9. Jahrhundert nachweisbar, datieren die ältesten erhaltenen Objekte aus dem 10. Jahrhundert. Unter dem Streubild versteht man ein Verfahren, bei dem der auf eine gehärtete Lackfläche mit Lack aufgetragene Dekor vor dem Trocknen mit Gold- oder Silberpulver bestreut wird. Das Pulver kann durch abgestufte Tönung und Konsistenz, aber auch durch unterschiedlich dichte Streuung eine breite Spannweite von Wirkungen erzielen. Eine weitere Steigerung der Ausdrucksmöglichkeiten ergibt sich durch ein ganz flaches Aufstreuen (hiramaki-e) oder das Bestreuen eines reliefartig erhabenen Dekors (takamaki-e), schließlich durch eine besonders weich erscheinende Variante, bei der ein flacher Streudekor mit Lack in der Farbe des Untergrundes vollständig bedeckt und nach dem Aushärten behutsam wieder herauspoliert wird (togidashi maki-e).
    Einen in der Wahl der Techniken und im Dekor ganz neuartigen Stil repräsentiert ein Schreibkasten aus der frühen Edo-Zeit. Diese flachen Kästen enthielten Tuschebarren, Wassertropfer und Tuschreibstein sowie Pinsel und damit alle zum Schreiben und Malen erforderlichen Utensilien. Für die japanische Lackkunst stellen sie Behältnisse von besonderer Bedeutung dar, sind sie doch fast ausnahmslos mit Lack verziert. In der Kombination flacher Streutechniken mit Einlagen aus Blei, in seiner großflächig angelegten Diagonalkomposition wie vor allem mit seinem Kranichmotiv nimmt der Dekor unmittelbar auf Vorbilder der Rimpa-Schule und ihres herausragenden Genius Hon’ami Kōetsu (1558–1637) Bezug.

    Die Teekultur mit ihren festgeschriebenen Regeln und Utensilien wurde von japanischen Mönchen nach ihrem Aufenthalt in südchinesischen Zen-Klöstern im 12. Jahrhundert in Japan eingeführt. Dort kamen entweder originales chinesisches Teegerät zum Einsatz oder Gefäße, die sich eng an chinesischen Vorbildern orientierten. Ein gutes Beispiel hierfür ist der japanische Schalenstand, der in das 15. bis 16. Jahrhundert datiert – einer Zeit, die sich unter dem Einfluss der Ashikaga-Shogune ganz dem Leitbild der chinesischen Kultur verschrieb. Er ist in negoro nuri verziert, einer nach dem Negoro-Tempel benannten Technik, bei der der Schwarzlack vollständig mit darüber gelegtem Rotlack bedeckt wird.
    Als unmittelbare Vorlage dienten die monochromen Lacke der Song-Zeit, an die sich auch die blütenförmig geschweifte Einfassung des Schalenstands anlehnt. Bei jahrelangem Gebrauch wurde die Rotlackfassung der Gefäße an besonders beanspruchten Stellen abgerieben, so dass der darunter liegende Schwarzlack zum Vorschein kam. Diese Streifen oder Flecken wurden jedoch nicht als beeinträchtigend empfunden, sondern vielmehr als Steigerung der Schönheit und Ehrwürdigkeit der Objekte, weshalb man zunehmend durch künstlichen Abrieb oder sogar nachträglich aufgebrachten Schwarzlack einen künstlichen Negoro-Effekt hervorrief.
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  • Exh_Title_S: Japanische Lackarbeiten
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  • Exh_Comment_S (Verantw): Archäologie, Weltkunst, Kunstgewerbe
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Werke
Schreibkasten (suzuribako)
Räucherwerkbrenner (hitorimo)
Kasten für Zahnschwärzepulver (hagurobako)
Schalenstand (temmoku-dai)
Kanne für heißes Wasser (yutô)