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  • Eduardo Chillida: ›Aundi‹

  • Vor allem bekannt für sein plastisches Werk, widmete sich Eduardo Chillida erst ab dem Jahr 1959 der Druckgrafik. Das zentrale Thema seines Schaffens ist der Raum, das Sichtbar- und Fühlbarmachen der Leere, weswegen er sich selbst als »Architekt der Leere« bezeichnete.
    Die Werkgruppe ›Aundi I-III‹ (vermutlich in Anlehnung an bask. handi »groß«), die vollständig in der Grafischen Sammlung des Museum Folkwang vorhanden ist, zeichnet sich durch eine abstrakte Formensprache sowie eine besonders flächige Gestaltung der Motive aus.
    Für jeden Druck der Serie verwendete Chillida jeweils nur eine Druckplatte.
    Um die großen, schwarzen Flächen zu erzeugen, nutzte er das Aquatintaverfahren, bei dem säurefester Staub (Harz, Asphalt oder Kolophonium) durch Erhitzen auf die Platte aufgebracht wird. Im Säurebad wird diese so nur rings um die Körner verätzt, wodurch eine raue Oberfläche entsteht, an der die Farbe auch auf größeren Flächen haften bleibt.
    Betrachtet man nun die Blätter, fällt zunächst das ungewöhnliche Verhältnis von Blatt und Motiv auf. Letzteres rückt an den oberen Blattrand, sodass die schwarzen Formen fast schwebend wirken. Sie scheinen sich der Gravitation zu widersetzen. Kombiniert mit dem deutlich sichtbaren Plattenton wird mit den Verhältnissen von Vorder- und Hintergrund gespielt.
    In ›Aundi I‹ besteht die schwarze Form aus zwei Teilen, die als Ganzes wahrgenommen werden. Der kleine Abstand zwischen ihnen wirkt wie eine Bruchstelle, die zwar sichtbar ist, die Zusammengehörigkeit jedoch nicht trübt. Obwohl man in dieser, so wie in fast allen grafischen Arbeiten Chillidas, keine rechten Winkel oder wirklich geraden Konturen findet, hat die Komposition etwas Geometrisches. Das linke obere Ende schließt genau mit dem Blattrand ab, was den Eindruck eines hängenden Objektes erweckt. Sowohl dieses linke, als auch das rechte Ende gehen über ein Querrechteck im Plattenton hinaus. Der Eindruck verschiedener Ebenen entsteht, sodass die schwarze Form vor dem Rechteck zu schweben scheint.
    ›Aundi II‹ ist die komplexeste Arbeit innerhalb der Gruppe. In dieser kommen geschwungene Elemente hinzu, die als Teil der schwarzen Form zwei blockhafte Elemente verbinden. Ein durch den Plattenton gebildetes Rechteck wird an der unteren Kante durch eine weitere, weiße Form durchbrochen. Es kann weder genau bestimmt werden, was sich im Vordergrund oder Hintergrund befindet, noch, wie die Flächen sich konstituieren, welche positiv oder negativ sind. Dadurch entsteht auf der zweidimensionalen Fläche ein diffuser, räumlicher Eindruck.
    Auf dem letzten Blatt dieser Gruppe, ›Aundi III‹, rückt die schwarze Form komplett an den oberen Blattrand. Aus einem horizontalen Balken erwachsen dabei teilweise geschwungene, breite Linien, die ins Zentrum des Blattes ragen. Wiederum gehen die schwarzen Flächen stellenweise über ein durch den Plattenton gebildetes Rechteck hinaus. Durch die Positionierung des Motivs wird auch hier die Gravitation thematisiert.
    Allen drei Blättern ist das Spiel mit scheinbar schweren und leichten Formen gemein. Durch die entstehenden Wechselwirkungen von Fülle und Leere wird Raum suggeriert, dessen Unfassbarkeit, im wahrsten Sinne des Wortes, zu Chillida als »Architekt der Leere« zurückführt. So spiegelt sich auch die Formensprache der plastischen Arbeiten in den beschriebenen Drucken wider und nicht selten erscheinen die grafischen Blätter wie Entwürfe zu diesen. Die Drucke bilden jedoch ein eigenes Medium, um die Idee des Raumes zu gestalten. Sie schaffen eine eigene Spannung zwischen Fülle und Leere oder Leichtigkeit und Schwere, die den Betrachter sofort ergreift.
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  • Exh_Title_S: Eduardo Chillida: ›Aundi‹
  • Exh_Id: 101.552
  • Exh_Comment_S (Verantw): Grafische Sammlung
  • Exh_SpareNField01_N (Verantw ID): 186
Werke
Aundi I
Aundi II
Aundi III